Ein Rottenburger am musikalischen Puls seiner Zeit
„Insgesamt ist Franz Anton Hoffmeister als einer der bemerkenswertesten, geschicktesten und produktivsten Komponisten gehobener, kunstvoller Unterhaltungsmusik seiner Zeit zu sehen. Seine Werke fanden beim damaligen Publikum großen Anklang.“ Diese Worte zeigen, dass man schon damals das Potenzial der Fähigkeiten und der Musik Hoffmeisters erkannte. Doch wie sich alles entwickelte, wie er zu diesem bemerkenswerten, geschickten und produktiven Komponisten gehobener Kunst wurde und welch große Rolle er damals für seine Komponistenkollegen Haydn, Beethoven und Mozart spielte, möchte ich im Folgenden erzählen: Die interessante Persönlichkeit Hoffmeister kam nicht zufällig 1754 im damals österreichischen Rottenburg a.N. zur Welt, sondern war ein Sohn der Stadt. Schon sein Urgroßvater wohnte in der Stadt und bekleidete sogar das Amt des Bürgermeisters. Mit 14 Jahren zog er in die Hauptstadt, nach Wien, wo er Jura studieren wollte. Doch die Magie der Musik war stärker und wurde lebensbestimmend. Er komponierte neun Opern, darunter auch die in vor allem seiner Zeit bekannte „Der Königssohn von Ithaka“ mit dem Text von Emanuel Schikaneder. Außerdem war er der Erschaffer von fast siebzig Sinfonien, 42 Streichquartetten, vielen Serenaden, Instrumentalkonzerten und unzähligen Kammermusikern in allen denkbaren und auch manchmal ausgefallenen Besetzungen, sowie einiger weltlicher und geistlicher Vokalkompositionen.
Wer seine Stücke kennt, der weiß, dass Hoffmeister nicht zu jenen Tonsetzern gehörte, die in ihren Werken dem Experimentieren mit neuen Klängen und formengroßer Notwendigkeit zugesprochen haben, wie es beispielsweise Beethoven und Mozart taten. Seine Nähe zu den drei Großen der Wiener Klassik war aber nicht nur musikalisch geprägt: Er war Komponist und Verleger in einem. Dies machte ihn zum Fachmann, wenn es um die Sichtung guter und auch gut verkäuflicher Musik ging, aber er war zusätzlich Geschäftsmann, wenn auch manchmal ein schlechter, wenn es um die Vermarktung ging. Mit diesem Hintergrund gründete er 1800 mit Ambrosius Kühnel in Leipzig das „Bureau de musique“, welches heute als Verlag C.F. Peters weiter existiert. In seinem Verlag veröffentlichte er neben seinen eigenen Kompositionen auch Werke von Haydn, Mozart und Beethoven. Als erster überhaupt verlegte Hoffmeister Ludwig van Beethovens berühmte Sonate Pathetique op. 13 und wurde von diesem einmal „Bruder in Tonkunst“ genannt. Auch verlegte er das Klavierquartett KV 478 seines persönlichen Freundes Wolfgang Amadeus Mozart. Mozart schätzte Hoffmeister sehr, ersuchte ihn immer mal wieder um einen Vorschuss (da dieser alles andere als ein ruhiges Leben führte) und widmete ihm sogar ein Stück, das „Hofmeister–Quartett“ KV 499. Joseph Haydn, von dem er auch Kammermusik verlegte, durfte sich von Hoffmeister in einem Brief an einen seiner Freunde sogar einen „geizigen Character“ nennen lassen. Schließlich, im Alter von 58 Jahren, verstarb Hoffmeister am 9. Februar 1812 im Wien.
Heutzutage wird Hoffmeister nicht mehr nur als Unterhaltungsmusiker gesehen. Sein Konzert für Viola und Orchester in D-Dur gilt als Pflichtstück für die Aufnahme in ein Berufsorchester. Hoffmeisters Musik gehört heutzutage nicht nur zum Standardrepertoire für die Viola, sondern auch für die Flöte und Klarinette und bei unterschiedlichen Besetzungen im Bereich der Kammermusik. Was mir an Hoffmeister besonders gefällt, ist seine Leichtigkeit, mit dem „Material“ Musik auf vielfältige Weise umzugehen. Professionalität auf dem Gebiet des Komponierens und Musizierens ebenso wie auf dem Verlagswesen. Eben kein Künstler, der dem romantischen Biedermeier-Ideal des armen, zurückgezogenen Menschen entspricht (so wie in Carl Spitzwegs „Der arme Poet“), sondern ein Mann, der voll im gesellschaftlichen Leben stand (er war Freimaurer und deren Ideal verpflichtet). Und was ihn besonders gut zum Namensgeber der Akademie der Rottenburger Musikschule werden lässt, ist neben seiner Herkunft sein Einsatz und seine Leidenschaft für die Musik, die der Juristerei schließlich den Laufpass gab.
Karlheinz Heiss